Abschlusstagung „Eine (Musik)Schule für alle“ – EMSA: 14. September 2018, Hochschule für Musik und Tanz Köln

Ein Haus mit zwei Dächern

Text von Antje Valentin, Landesmusikakademie NRW in Heek

Können Schule und Musikschule gemeinsam musikalische Bildungswege gestalten? Nach Besuch der Tagung zum Schulentwicklungsprojekt EMSA an der Hochschule für Musik und Tanz Köln kann man getrost sagen: Ja, sie können.

Zentrales Thema war die Musikkooperation zwischen weiterführender Schule und Musikschule. Prof. Dr. Christine Stöger als wissenschaftliche Begleiterin des Projekts stellte in ihrer Begrüßung fest, dass es einen Boom an Kooperationen zwischen Schulen und Musikschulen gibt, gerade im Grundschulbereich. Die Fortsetzung an weiterführenden Schulen nach den Grundschulangeboten durch JeKi, JeKiss, JeKits und andere ist aber schwierig. Auch wenn in den Sekundarstufen zunehmend Profilklassen eingerichtet werden, gibt es doch ein Spannungsverhältnis zwischen Musizierklassen und allgemeinem Musikunterricht. Immer wieder sind engagierte Lehrkräfte mit Einzelangeboten und tollen Konzepten unterwegs, wie im Vorläuferprojekt „Gemeinsam Unterwegs“ festzustellen war. Aber diese Angebote hängen an Einzelpersonen, es gibt kaum Zeit für Absprachen und Gemeinsamkeiten der Kooperationspartner.

Die Projektleiterinnen Prof. Ursula Schmidt-Laukamp und Stephanie Buyken-Hölker von der HfMT Köln wagten mit EMSA das Experiment, Kommunikation als Schlüsselfaktor für kooperierendes Zusammenwirken einzusetzen und die handelnden Menschen als Knotenpunkte zu sehen, deren Ideen im Vordergrund stehen. Diese Ideen wurden in mehr als zwei Jahren an Schulen in Köln, Bonn und Heinsberg exemplarisch ausprobiert und entwickelt, die Idee einer (Musik)Schule für alle entstand. Wie diese nun praktisch umgesetzt werden kann verdeutlichte die Tagung höchst anschaulich.

Buyken-Hölker und Schmidt-Laukamp stellten das Projekt in einer gelungenen Präsentation vor und machten anschaulich, wie der Auftrag an beide Institutionen, gelingendes musikalisches Lernen zu ermöglichen, gemeinsam verfolgt werden kann. Hierbei betrachten sie systemisches Handeln als Verpflichtung. Die bestehende Schulkultur wird respektiert, neuen Inhalten, Formaten und Strukturen wird die Zeit gegeben, die es braucht, damit Menschen sie gestalten können. Die Entwicklung von Gremien wie dem Großteam Musik – also aller Lehrkräfte, die mit Musik zu tun haben – und einer aus jeweils einem Vertreter der Schule und der Musikschule bestehende MusikKoordination – MuKo genannt – sind neue Steuerungselemente in der partizipativen Gestaltung einer lebendigen institutionellen Zusammenarbeit. Im Prozess der Projektentwicklung wurden Indizien des Gelingens gesucht; wenn sich Widerstand ergab wurde dieser ernst genommen. Es wurde nicht ein Modell für alle gesucht, sondern ein Modell, das auf die jeweiligen Strukturen maßgeschneidert passt. Hierbei war zu beachten, dass der Kernlehrplan für die schulischen Lehrkräfte verpflichtend ist. Instrumentallehrkräfte hingegen geben keine Noten und arbeiten in einem freieren Rahmen. Bausteine wie die MehrMusikWerkstatt, Ensemble Jederzeit, Openstage und die MusizierLounge wurden entwickelt.

Der Baustein VocalBreak war mit Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Köln-Mülheim praktisch zu erleben. Um das Publikum herum stehend leiteten jugendliche Expertinnen und Experten alle Anwesenden an, mit Bodypercussion und Solmisation rhythmisch mitreißend Popsongs zu gestalten. Großartig, wie ernsthaft und gekonnt diese Experten aus der sechsten Klasse auch Erwachsene anleiten. Wenn sie das mit den jüngeren Mitschülern an der Schule tun, passiert im schulischen Alltag Peer-to-Peer Lernen und musikpädagogische Fähigkeiten entfalten sich. In der Pause spielten Schülerinnen und Schüler des Heinsberger Kreisgymnasiums eigene Arrangements mit Improvisationen, die sie selbst leiteten und demonstrierten voraussetzungsoffenes Musizieren in Gruppen.

In einer Keynote tauschten sich unter Leitung von Christine Stöger Prof. Dr. Heinz Geuen, Rektor der HfMT Köln, und Prof. Dr. Wolfgang Lessing, Hochschule für Musik Dresden, über Fragen des Musiklernens und die enorme Ausdifferenzierung musikalischer Ausbildungen aus. Workshops unter Leitung von Prof. Dr. Sara Hubrich, Stephanie Buyken-Hölker, Felix Schirmer und Ursula Schmidt-Laukamp ermöglichten praktische Begegnungen mit Bausteinen des Projekts.

Dr. Wilfried Bentgens, Bezirksregierung Düsseldorf und Andreas Genschel, LVdM NRW, blickten auf den Tag zurück, der einen Aufbruch in neue Formen des Zusammenwirkens verspricht. Die HfMT Köln möchte sich zu einem Zentrum für Musikkooperation entwickeln und die Weiterbildung und Ausbildung von Musikkoordinationslehrkräften und Musikkoordinatoren vorantreiben. Interessierte Schulen haben sich bereits gemeldet.

Selten waren Vertreter sowohl aus dem Kulturministerium als auch dem Schulministerium so einig über ein Projekt und dessen Fortsetzung. Dr. Norbert Reichel vom Ministerium für Schule und Bildung bestätigte, als Begleiter des Projekts viel gelernt zu haben und sprach erfreulicherweise davon, dass es fortgesetzt werden soll. Dr. Jens Pyper stellte sich als neuer Vertreter des Kulturministeriums vor, der die Fortsetzung weiter begleiten wird. Der Leiter der Musikschule Hamm, Bernd Smalla, betonte als Vertreter des LVdM NRW die unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen für Musikschule und Schule, was Anzahl, Budget und Beschäftigungsverhältnis der Lehrkräfte – insbesondere die Entlohnung – angeht. Diese Baustelle wird durch EMSA größer werden. Es bleibt zu hoffen, dass das so positiv angelaufene Projekt auch hier Impulse in Richtung wirklicher Lösungen bringt.

Das Projekt wurde auf Initiative des Landesverbands der Musikschulen in NRW gemeinsam mit der Hochschule für Musik und Tanz Köln, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW und dem Ministerium für Schule und Bildung NRW durchgeführt.